27.02.2014

Rückenleiden - die OP steht ganz am Schluss

Heide - Er ist jung, verletzt - und seine Gehfähigkeit steht auf dem Spiel. Mit dem Rettungswagen wird der 16-jährige nach einem Treckerunfall ins Westküstenklinikum eingeliefert. Diagnose: ein Bruch der Wirbelsäule, von dem auch der Nervenkanal betroffen ist. Dem Jugendlichen drohen eine Querschnittslähmung und damit ein Leben im Rollstuhl. Noch am selben Abend findet in der Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie ein erster entlastender Eingriff statt, dorsal, also von der Rückenseite aus. Der Bruch wird stabilisiert, der so genannte Spinalkanal entlastet. Das Ergebnis: Bereits am nächsten Tag spürt der Patient seine Zehen wieder, kann sich sogar vorsichtig aufsetzen.

Einige Tage später folgt die zweite OP, diesmal - gemeinsam mit den Experten der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie - vom Bauch aus. Jetzt wird dem jungen Mann ein künstlicher Ersatzwirbelkörper aus Titan eingesetzt und fest verankert. Ihm stehen zwar noch zahlreiche Maßnahmen in der Klinik für Frührehabilitation und Geriatrie bevor, aber er hat wieder sehr gute Aussichten auf ein ganz normales Leben.

"Das Beispiel aus dem Spätsommer zeigt, wie wichtig eine rund um die Uhr besetzte neurochirurgische Hauptabteilung in der Region ist, die sich auch auf sämtliche Formen der Behandlung von Rückenleiden spezialisiert hat", erklärt Dr. Urs Nissen. Die Abteilung des Chefarztes ist vor Kurzem in "Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie" umbenannt worden. Die Ärzte des Westküstenklinikums verfügen über jahrelange Erfahrung im Bereich der Behandlung von leichten bis sehr schweren Rückenproblemen, dem zweiten wichtigen Bereich der Klinik neben den Operationen am Gehirn.

Das Beispiel des jungen Unfallpatienten zeigt auch, wie gut die verschiedenen Kliniken des WKK bei der Behandlung von komplexen Fällen zusammenarbeiten. Das ist auch bei der Behandlung schmerzhafter Rückenkrankheiten wie zum Beispiel Bandscheibenvorfällen oder anderen degenerativen Erkrankungen notwendig. Die vielfältigen Behandlungsmethoden werden mit dem Patienten ausführlich besprochen und sorgfältig geplant. "Wir verfügen über eine ganze Palette von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Erst wenn wir die konservativen Ansätze einschließlich der medikamentösen Therapie ausgereizt haben, empfehlen wir eine Operation", erläutert der für den Schwerpunkt Wirbelsäulchenchirurgie zuständige Leitende Oberarzt Dieter Voß.

Eine erfolgreiche Therapie findet im WKK-Wirbelsäulenzentrum oft stufenweise statt und beginnt mit Mitteln, die dem Körper am wenigsten belasten. Das reicht von Medikamenten und physiotherapeutischen Anwendungen über die Behandlungen mit Spritzen, Stimulatoren und Schmerzpumpen bis zu größeren Wirbelsäulenoperationen. Und auch bei den Eingriffen bemühen sich die Neurochirurgen so schonend wie möglich, Stichwort minimal-invasive Techniken, vorzugehen. Aufgrund langjähriger Erfahrung, eines gut eingespielten Teams und einer hervorragenden technischen Ausstattung kann eine Vielzahl von OP-Verfahren angeboten werden. Nahezu alle Erkrankungen oder Verletzungen an der Wirbelsäule werden somit in Heide behandelt.

Die Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie ist die einzige ihrer Art an der schleswig-holsteinischen Westküste zwischen dänischer Grenze und Hamburg; vergleichbare Abteilungen gibt es in Schleswig-Holstein sonst nur in Flensburg, Kiel und Lübeck. Dementsprechend werden auch Patienten aus den angrenzenden Nachbarkreisen nach Heide überwiesen. Im Kreis Steinburg bietet die Neurochirurgie in Kooperation mit dem Klinikum Itzehoe zum Beispiel eine eigene Sprechstunde an.

Besonders wenn es zu Komplikationen kommen könnte, bietet sich das WKK gegenüber den Krankenhäusern, die lediglich Neurochirurgen als Belegärzte, aber keine eigene Abteilung haben, als erste Wahl an. Dabei findet die gesamte Behandlungskette - von der ersten Beratung über die Operation bis zur Frührehabilitation - im Westküstenklinikum statt. "Wir haben uns im Bereich der Wirbelsäulenbehandlung auf die operative Therapie spezialisiert, dennoch überlegen wir uns gemeinsam mit jedem Patienten genau, welche Therapie am besten für ihn infrage kommt. Dazu nehmen wir uns viel Zeit und erläutern dem Patienten und seinen Angehörigen ganz genau, welche Schritte wir empfehlen", betont Dieter Voß.

Chefarzt Dr. Nissen und sein Team werden in den kommenden Jahren sicher immer mehr schwierige Fälle behandeln müssen. Denn: Patienten mit Rückenleiden werden aufgrund der demografischen Entwicklung und wegen des medizinischen Fortschritts immer älter. Gab es früher häufig 45-jährige Patienten mit einem einfachen Bandscheibenvorfall, der sich schnell und sicher operieren ließ, sind es heute nicht selten 80-jährige Patienten, bei denen viele andere Erkrankungen mit berücksichtigt werden müssen. Dabei wird eine Art ganzheitlicher, umfassender Behandlung angestrebt, die eine Operation oder konservative Behandlung der Wirbelsäule mit einschließt. Mit "ins Boot" geholt werden deshalb oft auch Internisten, Neurologen, Reha-Mediziner und Spezialisten aus anderen Abteilungen des Westküstenklinikums.

Leitender Oberarzt Dieter Voß (li.) und Dr. Urs Nissen, Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie.

Leitender Oberarzt Dieter Voß (li.) und Dr. Urs Nissen, Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie.

Leitender Oberarzt Dieter Voß (li.) und Dr. Urs Nissen, Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie.