Brunsbüttel - Seit Jahren steigt die Zahl der psychischen Erkrankungen in Deutschland stetig an. Immer mehr Menschen leiden an Depressionen, Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen oder Psychosen und müssen entsprechend behandelt werden. Diese Entwicklung ist auch im südlichen Dithmarschen zu spüren. "Im vergangenen Jahrzehnt ist die Zahl der Patienten ständig gestiegen. Wir haben daher die Zahl der Behandlungsplätze immer wieder erhöhen müssen und zudem eine eigene Institutsambulanz gegründet", berichtet Marianne Birresborn, ärztliche Leiterin der Tagesklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Westküstenklinikum Brunsbüttel.
Doch der Einsatz lohnt sich. Die Arbeit ist erfolgreich und die Mitarbeiter können sich daher zu Recht auf das zehnjährige Jubiläum der Tagesklinik freuen. Im Rahmen eines musikalisch umrahmten Informations- und Vortragsabends am Mittwoch, 07. September, soll ab 17 Uhr gefeiert werden. Zunächst wird der Arzt und Psychotherapeut Gregor Noeske die vergangenen zehn Jahre Revue passieren lassen und über die Entwicklung der Tagesklinik referieren. Im Anschluss daran berichtet der Gesundheits- und Krankenpfleger Hans Peter Petersen über den Wandel der Psychiatrie aus pflegerischer Sicht. Es folgen Diskussionen und die Möglichkeit, die Tagesklinik zu besichtigen. Das Team steht dabei für informative Gespräche in lockerer Runde zur Verfügung. Die Veranstaltung ist für alle Interessierten offen.
Die Tagesklinik war im Jahr 2001 vom Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Westküstenklinikum Heide, Dr. Thomas Birker, gegründet worden. Sein Ziel war es, auch im südlichen Dithmarschen eine wohnortnahe psychiatrische Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Zuvor mussten die Patienten nach Heide oder gar nach Itzehoe ausweichen. Als erste ärztliche Leiterin ging Oberärztin Annette Güldenring nach Brunsbüttel, um gemeinsam mit dem Team die Patienten zu betreuen. Damals standen 13 Behandlungsplätze zur Verfügung; die Zahl ist mittlerweile auf 20 erhöht worden.
Als Nachfolgerin von Annette Güldenring, die zurück in die Klinik nach Heide wechselte, übernahm Marianne Birresborn im Jahr 2004 die Aufgabe der ärztlichen Leitung. Sie ist die fachliche Vorgesetzte des gesamten Teams, das mittlerweile aus einem Arzt, einem Psychologen, zwei Pflegekräften, zwei Ergotherapeuten, einer Sozialpädagogin und einer Sekretärin besteht. Die Zahl der Mitarbeiter war unter anderem wegen der Gründung der Institutsambulanz etwas erhöht worden. In der Ambulanz werden inzwischen bis zu 120 Patienten im Quartal behandelt. Sie steht vor allem bei akuten Notfällen für eine kurzfristige Erstbehandlung oder zur Nachbehandlung von aus der Tagesklinik entlassenen Patienten zur Verfügung.
Grundsätzlich wird in der Tagesklinik das gesamte Spektrum der psychischen Erkrankungen bei Erwachsenen ab 18 Jahren behandelt. "Es hat sich herausgestellt, dass die meisten Patienten teilstationär therapiert werden können. Wir müssen weniger als fünf Prozent von ihnen zur stationären Aufnahme nach Heide überweisen", berichtet Marianne Birresborn. Neben Depressionen behandelt das Team Patienten mit Persönlichkeitsstörungen wie zum Beispiel dem Borderline-Syndrom, mit Anpassungsstörungen, die früher als "Neurosen" bekannt waren, oder mit Psychosen.
In der Therapie steht den Ärzten und Therapeuten eine erhebliche Bandbreite von Möglichkeiten zur Verfügung. Sie reicht von der medika-mentösen Therapie, die oft unterstützend eingesetzt werden muss, über verschiedene psychotherapeutische Ansätze wie Verhaltenstherapie oder Gesprächstherapie bis hin zur Körpertherapie. "Am wichtigsten jedoch ist", so Marianne Birresborn, "dass sich der Patient auf die Behandlung einlässt und auch bereit ist, mit uns und an sich zu arbeiten." Wichtig sei dabei auch der Einsatz soziotherapeutischer Mittel wie etwa soziales Kompetenztraining, therapeutisches Kochen oder auch die fest institutionalisierte Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten. Insgesamt bleiben die Patienten im Durchschnitt sechs Wochen in der Tagesklinik. Im Anschluss daran können sie, falls nötig, von einem niedergelassenen Therapeuten oder in der Institutsambulanz weiterbehandelt werden.
Die psychiatrische Tagesklinik ist mittlerweile sowohl von den niedergelassenen Ärzten der Region, als auch von der Bevölkerung anerkannt und gut angenommen worden. Angesichts der Zunahme psychischer Erkrankungen darf es nach Ansicht des Teams jedoch keinen Stillstand geben. Daher wird bereits in einer Arbeitsgruppe in enger Zusammenarbeit mit dem WKK-Heide an einem Konzept zum akuten Krisenmanagement gearbeitet. Die Idee: Ein Therapeut kann in plötzlich auftretenden Krisen zu Hilfe gerufen werden, sodass die Aufnahme in die Tagesklinik gar nicht erst nötig wird.
24.08.2011