Brunsbüttel - Sie sind schwer krank, viele von ihnen lebensbedrohlich. Hinzu kommen die Angst vor weiteren Leiden und dem Tod. Doch im Westküstenklinikum Brunsbüttel werden die Patienten mit ihren Schmerzen und Sorgen nicht allein gelassen. Ein Team um Oberarzt Olaf Wulfen kümmert sich um die Patienten, bei denen die ärztliche Kunst an ihre Grenzen kommt. "In der Palliativmedizin steht die Bekämpfung der Symptome im Vordergrund. Wir geben den Patienten damit ein Stück Lebensqualität zurück - und zwar unabhängig davon, wie lange dieses Leben noch dauert", beschreibt der engagierte Internist seine Aufgabe.
Nicht selten ist da die Kreativität des Teams auf der Station 3 der Abteilung für Innere Medizin gefragt. "Bei einem depressiven Patienten, von dem ich wusste, dass er wie ich HSV-Fan ist, bin ich mit dem Vereinstrikot ins Zimmer gekommen. Daran hatte er sichtlich Spaß und zumindest dieser eine Tag war für ihn gerettet", beschreibt Wulfen ein Beispiel für ungewöhnliche, aber wirksame Behandlungsmethoden. Ebenso wichtig sind jedoch Maßnahmen, die den Patienten das Leben erleichtern, also eine individuell passende Medikamentierung gegen Atemnot und Schmerzen sowie auch der Einsatz von Physiotherapie und Ergotherapie zur Entspannung. In schweren Fällen wird dann ein Patient dann auch schon einmal sediert, also in einen Schlafzustand versetzt, um einen Tag oder länger komplett schmerzfrei zu sein.
Die Zeiten, in der die schwer kranken Patienten lediglich zum Sterben ins Krankenhaus kommen, sind jedoch vorbei. In der Regel werden sie nach einer Behandlung oder auch auf Überweisung durch den Hausarzt stationär für eine bis drei Wochen aufgenommen, um den Allgemeinzustand zu verbessern, die Medikamente auf einander abzustimmen und - nicht zuletzt - um das weitere Leben im häuslichen Umfeld oder im Heim vorbereiten zu können. Auch für die Angehörigen ist diese Zeit wichtig; sie können sich dann ganz auf das seelische Wohl des Patienten konzentrieren und alles Weitere in die Hände des erfahrenen Teams legen. "Oftmals werden die Lebenspartner oder Töchter und Söhne erstmals mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert. Sie müssen sich jetzt damit auseinandersetzen, haben aber in der Regel immer noch genug Zeit, sich darauf vorzubereiten", erklärt Olaf Wulffen.
Ähnliches gilt für die Patienten. Konkretes Beispiel: Auf die Frage des Arztes, welche Behandlungen er sich noch wünsche, antwortete ein 75-jähriger Patient, der bereits einen langen Leidensweg hinter sich hatte: "Nichts." Als dann ein "Das ist O.K." zurückkam, weinte er vor Erleichterung. Ihm wurde eine große Last genommen und er konnte sich die letzte Zeit seines Lebens auf die Dinge konzentrieren, die ihm noch wichtig geblieben waren. Der Wille des Patienten hat dabei oberste Priorität.
Die sehr individuelle Auseinandersetzung mit den Patienten wird in Dithmarschen durch die Spezialisierte Ambulante Palliativ Versorgung (SAPV) ermöglicht, an der niedergelassene Haus-und Fachärzte, Heime, ambulante Pflegedienste, Seelsorger und vor allem auch der Hospizdienst beteiligt sind. Koordiniert wird die Arbeit durch das Palliativnetz Dithmarschen in Meldorf.
Der stationäre Aufenthalt im WKK Brunsbüttel ist demnach nur ein - allerdings sehr wichtiger - Teil in der palliativmedizinischen Versorgungskette. Dazu sind mit Hilfe des Fördervereins und durch erhebliche Spenden zwei spezielle Zimmer eingerichtet worden, in denen sich die Patienten wohl fühlen sollen. Ein weiterer Bereich für ergotherapeutische Maßnahmen ist in Planung und soll noch in diesem Jahr eingerichtet werden. Auch Maya ist wichtiger Bestandteil des Konzepts - oder besser: des Teams. Die Therapiehündin ist sensibel, ein wenig scheu und nähert sich den Patienten nur nach Aufforderung. Doch gerade diese Eigenschaften macht sie bei den Patienten so beliebt. Dabei braucht das geduldige Tier oft gar nicht viel zu machen, meistens reicht ihre tröstende Anwesenheit und ihre Geduld, sich streicheln zu lassen.
Mit der Erfahrung und dem Konzept ist das Brunsbütteler Krankenhaus für die Zukunft bestens gerüstet. Denn angesichts der demografischen Entwicklung, vor allem aber weil auch Schwerstkranke an Selbstbewusstsein gewinnen, steigt der Wunsch nach palliativmedizinischer Betreuung. Für das laufende Jahr rechnet Olaf Wulffen, der sich auch im gemeinsamen ärztlichen Beirat der Kreise Dithmarschen, Steinburg und Pinneberg engagiert, immerhin mit 150 bis 200 Palliativpatienten.
10.03.2014