08.04.2014

Westküstenklinikum Brunsbüttel - Einigung in letzter Minute verhindert

Brunsbüttel - Eine vertragliche Vereinbarung über die Zukunft des Westküstenklinikums Brunsbüttel und zur Beilegung der Streitigkeiten um den Sicherstellungszuschlag ist in letzte Minute gescheitert. Nachdem die Deutsche Angestelltenkrankenkasse für den Verband der Ersatzkassen den Vertrag bereits unterschrieben hatte und auch die schleswig-holstei-nischen Vertreter der AOK ihre Zustimmung signalisiert hatten, wurde das Verfahren jetzt vom Vorstandsvorsitzenden der AOK Nordwest, Martin Litsch, persönlich gestoppt. Er verweigerte seine Unterschrift unter das Dokument. "Es ist mir vollkommen unverständlich, warum Herr Litsch in Schleswig-Holstein einen solchen Vertrag mit uns aushandeln lässt und dann die Zusage von Dortmund aus wieder zurücknimmt", erklärte Landrat Dr. Jörn Klimant, Aufsichtsratsvorsitzender der Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide gGmbH.

In mehreren ganztägigen Verhandlungsrunden, die sich über etwa ein halbes Jahr hinzogen, hatten die Vertreter der Krankenkassen und des Klinikums sowie der Kassenärztlichen Vereinigung ein bundesweit einmaliges "Zukunftsmodell" für Brunsbüttel entworfen. Das Projekt sollte einerseits die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aufbrechen und zusätzlich fachärztliche Kompetenz in die Schleusenstadt bringen, andererseits aber auch kostengünstigere Strukturen ermöglichen. "Wir hatten die Chance, ein zukunftsweisendes Projekt umzusetzen, das wegweisend für viele ähnliche Regionen in Deutschland gewesen wäre. Wir wollten dabei das regionale Gesundheitswesen umgestalten und zukunftsfähig machen. Doch diese Chance ist jetzt zunächst vertan und ich wage keine Prognose, wie es da weitergeht", erläuterte WKK-Geschäftsführer Harald Stender.

Ursprünglich sollte die vertragliche Vereinbarung zwischen WKK und Krankenkassen auch geschlossen werden, um die Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Sicherstellungszuschlag für das Brunsbütteler Krankenhaus beizulegen. Dazu war vereinbart worden, das Verfahren bis zum 31. März ruhen zu lassen. Tatsächlich dürften die Probleme jetzt deutlicher zutage treten als je zuvor. Für 2011 hatte das WKK einen Millionenbetrag aus dem Topf der Kassen zugesprochen bekommen. Für 2012 und 2013 werden jetzt verstärkt Sprüche der Schiedsstellen von Seiten des WKK angestrebt. Das ruhend gestellte Verfahren für 2012 ist bereits wieder aufgenommen worden. Und für 2013 und 2014 wird das schleswig-holsteinische Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, das den Sicherstellungszuschlag verfügt hatte, erneut um Anweisung des Zuschlags gebeten. In der Hauptsache steht zudem ein Gerichtsentscheid am Verwaltungsgericht Schleswig am 15. Mai an.  

Das Sozialministerium hält sich hinsichtlich einer Bewertung des Konzeptes noch zurück. Vertreter der Vertragsparteien (Kassenverbände und WKK) und der KVSH sowie  Landrat Dr. Klimant  hatten gemeinsam am 1. April Staatssekretärin Anette Langner in Kiel über das Projekt informiert. Sie sicherte in dem Gespräch zu, bis zu den Sommerferien eine endgültige Position der Landesregierung zum "Zukunftsprojekt Brunsbüttel" anzustreben. Dabei geht es auch um bauliche Vorhaben, denn die Planung sah vor, das neue Westküstenklinikum mit seinen Komponenten in einem neuen Gebäude unterzubringen, das den Herausforderungen der ambulant-stationären Versorgung der Bevölkerung weitaus besser gewachsen wäre, als der jetzige Krankenhausbau.

Ohne Sicherstellungszuschlag sieht WKK-Chef Stender die Existenz des gesamten Krankenhauses bedroht. Schließlich sei die Lage Brunsbüttels einzigartig, zum einen wegen des Industriegebiets, zum anderen durch die Ermangelung eines Hinterlandes. In dieser Konstellation könnten insbesondere in der chirurgischen Versorgung keine adäquaten, wirtschaftlich sinnvollen Fallzahlen entstehen. Dennoch sei das Westküstenklinikum im Falle eines Falles eine Art Lebensversicherung für die Bevölkerung. Landrat Dr. Klimant denkt zudem an die Mitarbeiter des Hauses: "Wir wollten durch ein Zukunftsmodell für die medizinische Versorgung ländlicher Räume für Planungssicherheit sorgen. Das war besonders für die gesamte Belegschaft des Westküstenklinikums wichtig. Jetzt droht stattdessen ein unter Umständen langjähriger Rechtsstreit. Und das haben unsere Mitarbeiter nicht verdient."