11.10.2013

Vom Rollstuhl an den Rollator

Brunsbüttel - Den Rest des Lebens im Rollstuhl verbringen? Nein, das kam für Gerda Umnus nicht in Frage. Nach einer schweren Blutung im Bauchraum und verschiedenen Komplikationen, die ein Leben in den eigenen vier Wänden unmöglich machten, war die 76-jährige schließlich in ein Brunsbütteler Heim gezogen. Als sich ihr Gesundheitszustand erneut verschlechterte, suchte sie auf Anraten einer Fachärztin die Abteilung für Geriatrie in Brunsbüttel auf. Dort wurde sie in kürzester Zeit wieder "auf die Beine" gebracht - und das ist wörtlich zu nehmen, denn sie benötigt den Rollstuhl nicht mehr und kann am Rollator zumindest kürzere Strecken wieder ganz allein gehen.

"Jeder Patient ist anders. Daher stellen wir ganz individuelle Behandlungspläne auf, die auch das soziale Umfeld berücksichtigen", erläutert die Leitende Oberärztin Christine Guzy. Geleitet werden Ärzte, Pflegepersonal und Therapeuten von dem Gedanken der Frührehabilitation, bei der den Patienten nicht nur im sprichwörtlichen Sinne wieder "auf die Beine" geholfen wird. Dazu gibt es eine sonst kaum mögliche Therapiedichte von mindestens zwei Therapien pro Tag. Das sind in der Regel Physiotherapie, Ergotherapie und eine aktivierende Pflege, zuweilen auch Logopädie und andere Optionen.

Dabei stehen die Wünsche der Patienten im Mittelpunkt. Und bei Gerda Umnus war dies eben nicht nur eine deutliche Verbesserung des Allgemeinzustands, sondern auch die Möglichkeit, wieder allein laufen zu können. Monate zuvor hatte sich der Gesundheitszustand der gebürtigen Pommerin deutlich verschlechtert. Da sie aufgrund eines Herzleidens blutverdünnende Medikamente nehmen muss, war es zu einer Blutung im Bauchraum und - damit verbunden - zu einer deutlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands gekommen. Sie konnte letztendlich nicht mehr in ihrer Hamburger Wohnung allein leben. Also sorgte einer ihrer Brüder dafür, dass sie in seiner Nähe unterkam; er selbst wohnt in St. Margarethen. Beim Aufenthalt im WKK Brunsbüttel ging es schließlich bergauf. Besonders freute sich Gerda Umnus, die selbst mehr als vier Jahrzehnte als Krankenschwester gearbeitet hat, über die Freundlichkeit des Personals. Und noch etwas hatte es ihr auf der Station angetan: "Ich finde die Aussicht auf den Kanal und die vorbeifahrenden Schiffe wunderbar. Immerhin sind alle meine drei Brüder zur See gefahren. Schiffe sind mir daher sehr vertraut", freut sich die Neu-Brunsbüttlerin.

Wie Gerda Umnus kommen die Patienten nicht nur aus dem eigenen Haus, beispielsweise aus der Chirurgie. "Auch wer zum Beispiel in Hamburg oder Kiel am Herzen operiert wurde, kann die anschließende Frührehabilition im WKK Brunsbüttel durchführen lassen. Das erleichtert besonders den Angehörigen das Leben, da sie zu den Besuchen nicht mehr so weit fahren müssen", erklärt Chefarzt Dr. Henrik Herrmann. In jüngster Zeit steigt zudem die Zahl der Patienten, die unter neurologischen Erkrankungen wie an Morbus Parkinson oder den Folgen eines Schlaganfalls leiden. Auch chronische Gelenkerkrankungen, Gangstörungen, Schluckstörungen oder Schmerzsymptome können zur Aufnahme in die Geriatrie führen. In nahezu allen Fällen reicht es dann nicht aus, die Primärerkrankung zu heilen. Vielmehr ist ein Therapieplan gefragt, der alle Nebenerkrankungen berücksichtigt. Das können Herzleiden, Diabetes, Osteoporose, aber auch eine leichte bis mittelschwere Demenz sein.

Mit der demografischen Entwicklung und der dadurch älter werdenden Bevölkerung stehen die Krankenhäuser bundesweit vor großen Herausforderungen. Das Durchschnittsalter steigt und oftmals müssen nicht Patienten mit nur einer Erkrankung, sondern mit ganzen Krankheitskomplexen behandelt werden. Das Westküstenklinikum Brunsbüttel hat daher bereits vor Jahren eine eigene geriatrische Abteilung gegründet, in der betagte und hoch betagte Patienten individuell behandelt und - wann immer möglich - wieder für das Leben in der eigenen Häuslichkeit fit gemacht werden. "Wir haben seit der Gründung mehr als 2500 Patienten behandelt. Unsere Geriatrie hat sich daher als ein echtes Erfolgsmodell herausgestellt", berichtet Chefarzt Dr. Herrmann, der auch die Abteilung für Innere Medizin leitet.

Die soziale Komponente spielt demnach bei der Behandlung eine außerordentlich wichtige Rolle. Das zeigt sich auch bei der angegliederten geriatrischen Tagesklinik, die nach dem Motto "Tagsüber mehrere Therapien an einem Ort, nachts zu Hause schlafen" arbeitet. "Wir betreuen Patienten im Alter ab 65 Jahren, für die eine ambulante Behandlung nicht ausreicht, die aber sonst in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung zurechtkommen", beschreibt Christine Guzy das Aufgabenspektrum.

Auch in der Tagesklinik ist die Therapiedichte sehr groß. Jedoch gibt es zwischendurch immer wieder Ruhephasen, für die bequeme Liegen oder auch Betten bereit stehen. Während des drei- bis vierwöchigen Aufenthaltes in der Tagesklinik können zudem sämtliche diagnostischen Möglichkeiten des Krankenhauses genutzt werden.

In Fällen wie bei Gerda Umnus hat sich jedoch ein stationärer Aufenthalt als beste Möglichkeit herausgestellt, die Patientin adäquat zu behandeln. Sehr zur Freude der 76-jährigen, die sich auf Station sichtlich wohl gefühlt und die engagierte Pflege sowie die hohe Qualität der therapeutischen Maßnahmen genossen hat.

Freut sich, wieder eigenständig laufen zu können: Gerda Umnus, hier mit der Leitenden Oberärztin Christine Guzy und Chefarzt Dr. Henrik Herrmann.

Freut sich, wieder eigenständig laufen zu können: Gerda Umnus, hier mit der Leitenden Oberärztin Christine Guzy und Chefarzt Dr. Henrik Herrmann.

Freut sich, wieder eigenständig laufen zu können: Gerda Umnus, hier mit der Leitenden Oberärztin Christine Guzy und Chefarzt Dr. Henrik Herrmann.