17.08.2006

Schleswig-Holstein als Modell-Bundesland für das Gesundheitswesen

Bundestagsabgeordneter Ingbert Liebing informiert sich beim Westküstenklinikum in Heide über gesundheitspolitische Probleme

Heide - "In vielen Bereichen des Gesundheitswesens lässt die Politik die Entwicklung einfach laufen." Ob Ärztemangel, unübersichtliche Zuständigkeiten bei Tarifverträgen, Austrocknung der ambulanten Versorgung durch Kliniken oder Bürokratisierung der Medizin - Westküstenkliniken-Geschäftsführer Harald Stender nahm kein Blatt vor dem Mund, als er dem Bundestagsabgeordneten Ingbert Liebing die Probleme in der Gesundheitspolitik deutlich machte.
Dabei zeigte der CDU-Politiker, der im Bundestag Nordfriesland und Dithmarschen-Nord vertritt, besonders im Bereich der ständig wachsenden Bürokratie großes Verständnis. "Ich bin sehr ernüchtert, was die Versprechungen von Bürokratieabbau angeht. Die Klage über zuviel Bürokratie geht inzwischen durch alle Lebensbereiche", sagte Liebing, der sich im Westküstenklinikum Heide über die Arbeit des Krankenhauses und die Probleme im Gesundheitswesen informierte.

Im Verlauf der Diskussion wartete Harald Stender mit einem ungewöhnlichen Vorschlag auf: Schleswig-Holstein solle zu einem "Musterländle" in Sachen Gesundheitswesen werden. "Das Land ist überschaubar und hier kennen sich alle Beteiligten sehr gut. Wir sitzen oft genug gemeinsam an einem Tisch", meinte er und verwies auf Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung, Sozialministerium und Krankenhäuser als Verhandlungspartner. Wenn Schleswig-Holstein, in dem immerhin auch eine Große Koalition regiere, freie Hand bei der Ausgestaltung eines modernen Gesundheitswesens bekäme, ließe sich ein System etablieren, das auch bei gedeckelten Kosten hervorragende Leistungen anbieten könne. Allerdings würde es in einigen Anbieter-Bereichen seiner Ansicht nach zu starken Veränderungen kommen. "Aber leider werden wir diese Chance wohl niemals bekommen."

Im Zusammenhang mit der geplanten nächsten Gesundheitsreform wies der WKK-Geschäftsführer auf die Probleme hin, die auf alle Krankenhäuser im Land zukommen werden. Der einprozentige Sanierungsbeitrag der Kliniken, sowie die 0,5-prozentige Umlage seien weder gerechtfertigt noch akzeptabel. Dazu müssen die Häuser auch noch die Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie die Ergebnisse der Tarifrunde 2006 verkraften. Zwar sei auch das trotz steigender Fallzahlen und einer immer älter werdenden Bevölkerung "irgendwie" zu organisieren, "aber nicht ohne Einbußen bei der Behandlungsqualität", erklärte Stender. Ingbert Liebig gab zu bedenken, dass die bekannt gewordenen Eckpunkte noch kein Gesetz seien. Es bestehe noch ein geringer Spielraum bei den Details.

Bei einem anschließenden Rundgang durch den Neubau des Westküstenklinikums informierte sich der Abgeordnete über die Bedeutung des Krankenhauses für die Region. Immerhin ist das WKK der größte Arbeitgeber, abgesehen von der Fachhochschule der größte Ausbildungsbetrieb, der größte Investor und eines der umsatzstärksten Unternehmen im Kreis Dithmarschen. Dabei ist das Krankenhaus, das in vielen Leistungsbereichen überregionale Bedeutung hat, eines der wenigen im Land, die immer noch schwarze Zahlen schreiben. Stender verteidigte mit diesen Argumenten auch die kommunale Trägerschaft der beiden Westküstenkliniken in Brunsbüttel und Heide. Sie könnten so gut arbeiten, da der Träger keine Gewinne aus den Häusern abziehe.

Ingbert Liebig, selbst kein Gesundheitspolitiker, verabschiedete sich schließlich mit dem Versprechen, die Argumente des Westküstenklinikums in der CDU-Landesgruppe im Bundestag zur Sprache zu bringen.

Bundestagsabgeordneter Ingbert Liebing (2. v. l.) informierte sich unter anderem über den Neubau des Westküstenklinikums. Beim Rundgang mit dabei (v. l.): Harald Stender (WKK-Geschäftsführer), Christa Seedig (stv. Pflegedienstleiterin), Chefarzt Prof. Dr. Fritz Sixtus Keck (stv. ärztlicher Direktor), Joachim Luplow (stv. Betriebsratsvorsitzender), Bernward Schroeder (Verawaltungsdirektor).