09.03.2011

Hilfe beim Leben - Begleitung beim Sterben

Brunsbüttel - Die Patientin ist erst vierzig und leidet an einer unheilbaren Krebserkrankung. Jeder gute Tag zählt, jede Stunde ohne Leiden wird dankbar angenommen. Und sie ist nicht allein. Ärzte und Pflegekräfte nehmen sich Zeit, um Schmerzen zu lindern, mit Musik und Düften eine angenehme Atmosphäre zu schaffen - und zu reden. Ein aktueller und sehr realer Fall, der die Mitarbeiter der Abteilung für Innere Medizin am Westküstenklinikum Brunsbüttel zurzeit beschäftigt.

"Die Palliativversorgung, also die Behandlung von unheilbar kranken Menschen, hat bei uns in der Klinik zunehmend an Bedeutung gewonnen", berichtet Chefarzt Dr. Henrik Herrmann. Vor dem Hintergrund einer aktuellen Diskussion über den Umgang mit sterbenskranken und leidenden Patienten bis hin zu assistierten Suizid setzt er auf Hilfe beim Erhalt des Lebens und Begleitung im Sterbeprozess. Aus medizinischer Sicht ist es Aufgabe der Ärzte, die schwerwiegenden Symptome wie zum Beispiel Schmerzen oder Atemnot sowie die Ängste des Patienten zu kontrollieren und zu behandeln. Betroffen sind dabei nicht nur Krebspatienten, auch Menschen mit unheilbaren Lungenleiden und Herzschwächen sowie neurologische Erkrankungen im Endstadium müssen palliativmedizinisch behandelt werden.

Eine besondere Fürsorge erfährt ein sterbenskranker Patient auch durch  das Pflegeteam der Abteilung. Zwei Krankenschwestern sind speziell in dieser Sparte weitergebildet worden ("Palliative Care"). Ingrid Sultan-Petersen, Stationsleitung auf der Station III, und ihre Kollegin Anja Praez legen die Pflegemaßnahmen fest, koordinieren die Einsätze therapeutischer Kräfte wie zum Beispiel der Physiotherapeuten und kümmern sich auch um die angstvollen und oft verzweifelten Angehörigen. "Am wichtigsten", erläutert Ingrid Sultan-Petersen, "ist jedoch die Kommunikation mit dem Patienten selbst. Wir vermitteln ihm das Gefühl, mit den Ängsten und Nöten nicht allein zu sein." Zur Pflege gehören darüber hinaus Maßnahmen wie eine Aromatherapie, Salz- und Ölmassagen und der Einsatz von angenehmer Musik oder auch Hörspielen im Patientenzimmer.

Die Abteilung für Innere Medizin verfügt über ein speziell ausgestattetes Palliativzimmer, das mit Hilfe von Spendengeldern des Brunsbütteler WKK-Fördervereins ausgestattet wurde. Der Förderverein beteiligte sich auch an den Kosten für die Weiterbildung der Pflegekräfte. Falls jedoch ein Zimmer nicht ausreicht, können im Zweifel weitere so ausgestattet werden, dass sie den besonderen Bedürfnissen der Palliativpatienten entgegenkommen. Eine wohnortnahe Versorgung ist somit stets möglich.

Die Liegezeiten der Patienten sind sehr unterschiedlich: Manche werden nur behandelt, damit sie stabilisiert und auf bestimmte Schmerzmitteln eingestellt wieder in die häusliche Umgebung oder ins Heim entlassen werden können. Andere verbringen die letzten Tage ihres Lebens auf der Station. Und wieder andere entscheiden sich für den Wechsel in ein Hospiz.

Unterstützt wird das WKK-Team zuweilen von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Freundeskreises Hospiz Meldorf e.V., die besonders dann gefordert sind, wenn der Patient sich entschließt, die letzten Tage seines Lebens im Familienkreis zu verleben.

Übrigens: Das medizinisch-ethische Thema Palliativversorgung und Umgang mit Sterbenden soll auch beim Deutschen Ärztetag Ende Mai in Kiel umfassend diskutiert werden.

Ingrid Sultan-Petersen (li.) und Anja Praez sind im Westküstenklinikum Brunsbüttel federführend für die Palliativpflege zuständig.