21.08.2014

Wenn die Keime sich wehren ...

Brunsbüttel - Antibiotika sind seit der Erfindung des Penizillins aus der Medizin nicht mehr wegzudenken. Doch der Erfolg der Medikamente hat auch ihre Schattenseite: Immer mehr Keime sind resistent gegen Arzneimittel, die zuvor jahrzehntelang gute Dienste geleistet haben. Und so müssen die behandelnden Ärzte neue Strategien entwickeln, um die Infektionen zu bekämpfen. Im Westküstenklinikum Brunsbüttel hat sich die Ärztin  Andrea Hagemann (45) dem Problem verschrieben. Sie absolvierte an der Universität Freiburg eine Fortbildung im Bereich "Antibiotic Stewardship" (ABS), also der sinnvollen, rationalen Verordnung von Antibiotika.

"Unser Ziel ist es, die Patienten mit dem exakt passenden Medikament und der optimalen Dosierung zu behandeln. Wobei nicht nur die Heilung des Patienten beziehungsweise die Therapie der Infektion im Vordergrund steht, sondern auch langfristig die Vermeidung von Resistenzentwicklungen.", erläutert die Ärztin, die in der Inneren Abteilung des WKK Brunsbüttel unter Leitung von Dr. Henrik Herrmann tätig ist. In speziellen Fällen arbeitet sie dabei im Team mit einer Apothekerin aus Rendsburg und einem Mikrobiologen in Hamburg zusammen, um die bestmögliche Dosierung des passenden Wirkstoffs zu ermitteln und ein entsprechendes Qualitätsmanagement zu etablieren. In Brunsbüttel kommt noch die Zusammenarbeit und der Austausch mit der Mikrobiologie im WKK Heide unter Leitung von Chefarzt Prof. Dr. Dr. Fritz S. Keck hinzu.

Hinter der relativ neuen Fortbildung, die Andrea Hagemann absolviert hat, steht eine Initiative des Bundesgesundheitsministeriums zur Verbesserung der Antibiotika-Therapien, mit der letztendlich die Resistenzprobleme bundesweit bekämpft werden sollen. Immerhin hätten sich etliche Therapien mittlerweile als wirkungslos erwiesen, da sich die Erreger mit Erfolg gegen den jeweiligen Wirkstoff "wehren" könnten, berichtet die engagierte Ärztin, die in diesen Fragen gern auch Kollegen innerhalb und außerhalb des Krankenhauses als Ansprechpartnerin zur Verfügung steht.

International wurde auf Konferenzen bereits seit Ende der 1990-er Jahre die Notwendigkeit für eine nachhaltige Verbesserung der Verordnungspraxis bei Antibiotika erkannt. Dazu sollten ABS-Programme und Maßnahmen ins Leben gerufen werden, um die besten klinischen Behandlungsergebnisse zu erzielen. Die Freiburger Fortbildung geht auf die Aktivitäten der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie in Kooperation mit dem Verband Deutscher Krankenhausapotheker zurück und soll helfen, diese Ziele bundesweit weiter zu verfolgen. Dabei wird auch ein wichtiger Aspekt diskutiert, über den Andrea Hagemann berichtet: "Tatsächlich werden 85 Prozent aller Antibiotika bei der Aufzucht von Tieren verbraucht, lediglich 15 Prozent  kommen bei der Behandlung von Patienten zum Einsatz." Das Problem der Resistenzen steht insofern auch in einem direkten Zusammenhang mit unserer Ernährung. Weitere Infos im Internet unter <link http: www.antibiotic-stewardship.de _blank external-link-new-window external link in new>www.antibiotic-stewardship.de.

Antibiotika-Visite im Westküstenklinikum Brunsbüttel mit Andrea Hagemann und der Gesundheits- und Krankenpflegerin Julia Prehn. (Foto: WKK)